Ikea Places App - Wie Ikea mit AR Möbel verkauft

Jörg Viola
Jörg Viola
Lesedauer: 3 Minuten

Es wird Zeit für eine neue Sitzgruppe. Wenn Sonja sich im Wohnzimmer umsieht, sticht ihr das sofort ins Auge. Früher hätte sie sich für das nächste Wochenende eine Fahrt ins Möbelhaus vorgenommen. Und dort nie genau gewusst, ob die tollen Sofas hier auch gut aussehen. Macht sie heute nicht mehr - dafür gibts ja das Internet. Wenigstens, um sich vorab zu informieren. Nur - gleiches Problem: Die Möbel sind ja alle toll fotographiert. Aber wie sie sich zuhause machen, sieht man erst, wenn sie geliefert wurden.

Ikea versucht schon länger, dieses Problem zu lösen. Dem schwedischen Möbelgiganten ist klar: Wer das schafft, hat einen neuen einzigartigen Zugang zum Kunden. Denn er kann ihm die Sicherheit geben, schon vor dem Kauf genau zu wissen, dass das neue Möbel zuhause fantastisch aussieht.

Schon seit 2017 ist Ikea Place in den App Stores verfügbar. Wer die kostenlose App installiert und öffnet, denkt erstmal, er hätte die Kamera-App geöffnet. Denn er sieht das aufgenommene Kamerabild vor sich. Klickt er auf das Katalog-Icon, kann er sich ein Möbel- oder Ausstattungsstück aussuchen. Dann erscheint im Videobild ein kleiner weisser Kreis als Andeutung, wo der gewählte Gegenstand abgestellt werden soll. Klick auf einen Button platziert ihn dann genau dort. Natürlich nicht wirklich, sondern nur in dem Kamerabild.

Dort steht das Möbel oder die Lampe an der gewünschten Stelle. Man kann darauf zu oder davon weg oder darum herum gehen. Solange man durch das Smartphone sieht, sieht man das Produkt, als ob es dort stünde. Man kann es auch anfassen und verschieben oder drehen. Das Sofa lässt sich so genau dort hinstellen, wo es hin soll. Auch über das alte Sofa. Das sieht man dann zwar noch hinter dem neuen. Dennoch: Man kann einschätzen, wie das Möbelstück sich macht. Passen die Maße? Wirkt es erdrückend? Oder zu klein? Stimmen die Farbtöne? Man kann auch mehrere Möbel gleichzeitig auf diese Weise ansehen. Und so eine ganze neue Einrichtung ausprobieren.

Weiter geht Ikea an dieser Stelle nicht. Man kann die Produkte nicht gleich kaufen. Das ist auch nicht nötig - der Ikea Shop ist prominent genug. Aber eine Erleichterung wäre es schon.

Ist das eine Spielerei eines Möbelgiganten? Oder können sich auch kleinere Möbelmarken diesen Ansatz leisten? Und was bringt es überhaupt?

Wer an dieser Stelle sofort nach dem Deckungsbeitrag fragt, wird enttäuscht. Augmented Reality als Technik ist noch neu. Niemand weiss, welche Umsatzsteigerungen zu erreichen sind. Es geht hier auch (noch) nicht um kurzfristige Gewinnsteigerungen. Sondern um Kundenbindung, Vertrauensbildung und das Zeigen von Innovationskraft. Dass die großen Konzerne allesamt strategische Überlegungen haben, zeigt allerdings das Potential.

Und speziell Apple und Google haben hier Tore geöffnet: Ihre Smartphones, also iPhone und viele Android Geräte, haben mächtige AR-Funktionen eingebaut. Man muss also nicht, wie Ikea, aufwändig eine eigene App bauen. Sondern man kann eine Augmented Reality Anwendung auch direkt in den eigenen Shop einbauen. Ohne eine eigene App - damit wird der Kaufprozess auch nicht unterbrochen.

Dann kann die AR-Ansicht direkt neben dem Produktbild auftauchen und für mehr Überzeugung beim Interessenten sorgen. Und der Kauf kann dann direkt stattfinden.

Dank der Vorarbeit von Apple und Google sind solche Anwendungen heute leicht umzusetzen. Im wesentlichen werden dafür sog. 3D-Modelle von den Möbeln benötigt. Die liegen aber normalerweise in der Konstruktionsabteilung bereits vor. Oder im Marketing, wo daraus bereits heute computererzeugte Produktbilder - sogenannte Renderings - erzeugt werden.

Sonja könnte also bereits heute auch in einem kleineren Online-Shop für Möbel ihr neues Lieblingssofa entdecken. Mit Klick auf einen Knopf liesse sie es in ihrem Wohnzimmer erscheinen. Schnell wäre sie überzeugt, dass es passt. Und würde sofort kaufen. Eine Erfolgsstory. Für Sonja und für das Möbelhaus.